Antonia Stautz: Die Spätberufene
(Foto: Flo Treiber) Mit der EuroVolley 2023 in Düsseldorf (17. bis 24. August) wartet ein absolutes Highlight auf die deutsche Frauen-Nationalmannschaft. Erstmals seit zehn Jahren findet eine EM wieder im eigenen Land statt. Wir stellen alle Spielerinnen in einer kleinen Serie vor. Weiter geht es mit Außenangreiferin Antonia Stautz.Mit 29 Jahren feierte Antonia Stautz im Mai beim Länderspiel in Berlin ihr Debüt in der Frauen-Nationalmannschaft. Sie selbst hatte damit „überhaupt nicht mehr gerechnet“. Natürlich hatte auch sie immer den Traum, mal im Deutschland-Trikot aufzulaufen. „Aber mit 29 hatte ich das schon beiseitegelegt“, erzählt die Braunschweigerin. Als Bundestrainer Vital Heynen dann zu Saisonbeginn eine Aufschlag-Annahme-Spezialistin suchte, wurde er in Erfurt fündig. „Er hat mich angerufen und ich habe ziemlich schnell gesagt, ‚ich habe Lust darauf und würde es gerne mal ausprobieren‘“, erinnert sich Antonia Stautz. Vier Monate später ist sie immer noch dabei, spielte mit den DVV-Frauen bereits bei der Volleyball Nations League (VNL) in Japan, Brasilien und Korea. „Es ist sehr cool, ich habe super viele neue Eindrücke gesammelt und versuche, so viel mitzunehmen, wie es geht“, sagt die 29-Jährige, die immer noch etwas überrascht über die Geschehnisse der letzten Wochen ist.
Das Bild der Spätberufenen passt jedoch in die Karriere von Antonia Stautz. Sie war nie auf einer Sportschule und schlug nie für eine Nachwuchs-Nationalmannschaft auf. Auch den Sprung in den Landeskader schaffte sie erst spät. „Es war immer alles irgendwie kurz vor Schluss“, erzählt die Außenangreiferin. Aufgeben kam für sie aber nicht in Frage, hartnäckig verfolgte sie ihr Ziel, im Profisport Fuß zu fassen. „Ich habe extra viel investiert, deshalb freue ich mich jetzt umso mehr, dass es sich rentiert hat“, sagt „Toni“, wie sie am liebsten genannt wird.
Große Erwartungen und Ziele hatte sie an die Zeit mit den DVV-Frauen nicht – schließlich war sie zunächst nur für die erste Woche der VNL in Japan eingeplant. „Ich mache mir überhaupt keinen Druck, ich mache es einfach wie immer: Ich gebe alles und versuche das Team zu unterstützen“, sagt die Braunschweigerin. „Wenn es am Ende reicht, freue ich mich natürlich, aber wenn nicht, hatte ich trotzdem diese tolle Erfahrung.“ Mittlerweile hat sie aber auch der Ehrgeiz gepackt: „Jetzt ist man dabei, dann möchte man natürlich auch dabeibleiben.“ Und wie wohl jede Sportlerin träumt auch sie von Olympia. „Ich war noch nie in Paris, da möchte ich sehr gerne mal hin“, sagt Antonia Stautz. Vielleicht ergibt sich ja im Sommer 2024 eine Möglichkeit, sich diesen Wunsch zu erfüllen.
Doch zunächst richtet sich ihr Blick auf die Heim-EM. Es sind logischerweise ihre ersten kontinentalen Titelkämpfe. „Eine EM ist daher für mich sowieso schon cool und dann auch noch im eigenen Land – ich würde sagen, ich habe mir einen ganz guten Zeitpunkt ausgesucht, um zur Nationalmannschaft dazuzukommen“, sagt die Spätberufene lachend.
In ihrer Freizeit ist sie gerne in der Stadt unterwegs, Kaffeetrinken oder einfach die Sonne genießen – Hauptsache entspannt. „Eigentlich sollte ich auch viel mehr zuhause sitzen und was für die Uni machen, aber das klappt nicht so“, gesteht Antonia Stautz. Ihr Master in General Management ziehe sich mittlerweile ganz schön.
Dafür hat sie sich bereits einen Lebenstraum erfüllt. Vor zwei Jahren erhielt sie eine Komparsen Rolle bei ihrer Lieblingssoap „Gute Zeiten Schlechte Zeiten“. „Ich habe GZSZ einfach geliebt, ich habe es jeden Tag geschaut und wollte da so gerne einmal mitspielen“, erzählt Antonia Stautz. Durch Zufall wurde sie auf die Registrierung für Komparsen Rollen aufmerksam und überlegte nicht lange. Kurz darauf hatte sie die Zusage und drehte zwei Tage in Babelsberg an der Seite der Profis, die alle „superfreundlich und überhaupt nicht abgehoben“ sind.
Die größte Herausforderung beim Dreh war für die Leistungssportlerin das Wetter, denn es wurde im Winter bereits für den Sommer gedreht. „Wir standen im April im Kleid draußen und mussten ein Sommerfest drehen – ich dachte, ich erfriere gleich“, sagt Antonia Stautz, die überrascht war, dass ihr das niemand angesehen hat. Ihr schauspielerisches Talent beziffert sie nämlich auf „Nullkommanull“. Am Ende war sie in sieben Folgen mit kleinen Auftritten zu sehen – „mein absolutes Highlight“. Und auf einmal zeigte sich auch, wie viele Leute die Serie doch schauen. „Es haben mir so viele Menschen geschrieben, dass sie mich gesehen haben“, erzählt die 29-Jährige. „Und ich dachte nur, ‚aha, ihr guckt es also auch alle‘, das war ganz lustig.“ Sollte sich die Möglichkeit ergeben, würde sie diese „coole Erfahrung“ sofort wieder machen.
Dass sie nach ihrer Volleyballkarriere jedoch die Kinos dieser Welt erobert, ist eher unwahrscheinlich. Stattdessen würde sie lieber Managerin bei einem Fußball Klub werden. „Mein Papa war Fußballer und wir sind alle super fußballbegeistert“, sagt die Braunschweigerin, die aber auch weiß: „Ohne Vitamin B kommt man da gar nicht rein, deshalb wird es wahrscheinlich ein Traum bleiben.“