Lena Stigrot: Von der Homebase Landshut in die weite Volleyballwelt
(Foto: Flo Treiber) Mit der EuroVolley 2023 in Düsseldorf (17. bis 24. August) wartet ein absolutes Highlight auf die deutsche Frauen-Nationalmannschaft. Erstmals seit zehn Jahren findet eine EM wieder im eigenen Land statt. Wir stellen alle Spielerinnen in einer kleinen Serie vor. Weiter geht es mit Außenangreiferin Lena Stigrot.Wochenlang tingelte Lena Stigrot mit den DVV-Frauen für die Volleyball Nations League um den Globus, zuvor spielte sie die Saison in Italien. Nach Hause in ihre „Homebase“ in Landshut, wo sie mit ihrem Verlobten eine Wohnung hat, schafft sie es kaum noch. „Ich bin eher zu Besuch, als dass ich hier wohne“, sagt die 28-Jährige. Daher genoss sie die zwei Wochen Pause vor dem Start der EM-Vorbereitung umso mehr: „Es war schön, mal ein paar Tage am Stück zuhause zu sein.“
Zumal die freie Zeit mit der Landshuter Hochzeit zusammenfiel. Bei dem „Riesenereignis“ wird die Hochzeit zwischen einer polnischen Prinzessin und dem Sohn des Herzogs von Landshut 1475 nachgestellt. Im ganzen Ort herrscht Ausnahmezustand, hunderttausende Touristen pilgern in den Ort. Begeistert berichtet Lena Stigrot von dem historischen Fest. „Teilnehmer müssen in Landshut geboren sein, die Männer müssen ihre Haare über die Ohren wachsen lassen, Frauen übers Schulterblatt und Handys sind nicht erlaubt.“ Neben den Touristen zieht die Landshuter Hochzeit auch ehemalige Einwohner zurück in die Heimat – bei Lena Stigrot stand in diesem Jahr das zehnjährige Abitreffen an. „Es war total schön, alle waren zuhause“, sagt die Landshuterin. „Es waren die sozialsten zwei Woche seit ich weiß nicht, wie lange.“
Mit ihrem Verlobten bildet sie ein eingespieltes Team – an die Fernbeziehung haben sie sich beide gewöhnt. „Das gute war, wir haben uns schon so kennen gelernt, dass ich im Sommer mit der Nationalmannschaft weg war“, erzählt die gebürtige Bad Tölzerin. In der Klubsaison versucht ihr Verlobter sie dann so oft wie möglich zu besuchen.
Ist die Außenangreiferin nicht in der Halle, steht sie gerne in der Küche und kocht und backt – unter Freunden genießt sie einen exzellenten Ruf als Köchin. Zuletzt war sie auch häufig vor der Playstation zu finden, denn in Italien hat sie keine eigene. In Landshut tauchte sie in die Welt von Harry Potter ein und erlebte in Hogwarts Legacy selbst die zauberische Ausbildung. Lena Stigrot spielt aber nicht nur gerne ab und zu Videospiele, sondern auch Karten – vor allem mit ihren Mitspielerinnen. Oft bildet sie ein Team mit Anna Pogany, doch während das in anderen Bereichen gut harmoniert, ist das Verhältnis beim Kartenspielen durchaus etwas angespannt. „Da sind wir uns oft nicht so einig, was wir für Taktiken verfolgen, da kracht es dann manchmal“, berichtet die 28-Jährige.
Ansonsten ist das Duo „ein Herz und eine Seele“. Da sie aber sehr unterschiedliche Charaktere seien, gäbe es durchaus auch mal Meinungsverschiedenheiten. Beispielsweise bei der Gestaltung eines freien Tages: „Anna ist ein Stadtmensch, die was erleben möchte. Ich brauche nur Wald und Natur.“ Die zwei Bayerinnen sind quasi im Internat von Vilsbiburg gemeinsam aufgewachsen. „Den Weg von uns beiden zu verfolgen und am Ende hier bei der Nationalmannschaft wieder zusammenzutreffen ist schon richtig besonders“, sagt Lena Stigrot. Wenn sie das nun auch noch mit der Olympia-Qualifikation abrunden könnte, wäre das „eine super tolle Geschichte“.
Lena Stigrot ist ein sehr positiver und fröhlicher Mensch, der gerne Flachwitze erzählt. Ihr Lieblingswitz: „Was machen Mathematiker im Garten? Wurzeln ziehen.“ Auch wenn der Rest des Teams es meistens nicht lustig findet, hat sie ihren Spaß dabei. Sie selbst beschreibt sich zudem als „sehr selbstreflektiert und generell in mir ruhend. Es ist schwer, mich auf die Palme zu bringen“. Allerdings sei sie auch sehr perfektionistisch. „Wenn ich Sachen mache, will ich sie auch richtig machen.“ Nach einem Spiel ist sie selten komplett zufrieden. „Man findet immer etwas, aber ich bin entspannter geworden“, sagt Lena Stigrot, die seit zwei Jahren in Italien spielt und auch in der kommenden Saison in der Seria A aufschlägt. Vor allem das Niveau begeistert sie: „Die Teams sind alle so gut, jeder Spieltag ist auf höchstem Level. Du wirst jeden Spieltag gefordert und musst alles geben – das ist so cool und macht einen auch besser.“ Zudem macht es der 28-Jährigen viel Spaß, in andere Kulturen zu tauchen. „Da gibt es kein viel besseres Land als Italien um das zu erleben und zu genießen“, sagt die 151-fache Nationalspielerin. Die neue Sprache hat sie schnell gelernt. „Mein Perfektionismus sagt, ich muss noch viel besser sein, aber ich glaube, ich spreche schon sehr gut italienisch.“
Mit ihren 28-Jahren gehört Lena Stigrot bei den DVV-Frauen zu den erfahrensten. An die Anfangszeit kann sie sich aber noch genau erinnern: „Ich durfte überraschenderweise gegen Brasilien spielen, damit hatte ich gar nicht gerechnet.“ Die brasilianische Fankultur beeindruckte sie und blieb bis heute in Erinnerung. „Das ist einer meiner Lieblingsmomente“, sagte die Außenangreiferin, die eigentlich als Mittelblockerin angefangen hat. „Ich war als junges Mädchen schon sehr groß, daher Mitte. Dann reichte es aber doch nicht und ich wurde auf Diagonal gestellt“, erzählt Lena Stigrot. So richtig passte aber auch das nicht, sodass sie schließlich auf Außen landete. „Das war schon recht spät, sodass mir gerade in der Annahme erst noch die Stabilität fehlte.“ Doch das holte sie schnell auf und sieht auch das positive: „Ich habe einen super schnellen Armzug, weil ich das als Mitte gelernt habe – das zeichnet mich aus.“
Wenn Sie an die Heim-EM denkt, verspürt sie „Vorfreude aber auch ein bisschen Druck“. Schließlich habe sie eine sehr erfolgreiche VNL gespielt. „Da ist natürlich die Erwartung, dass wir da nahtlos dran anknüpfen“, sagt Lena Stigrot und ergänzt: „Das werden wir auch versuchen. Gerade bei einer Heim-EM willst du natürlich am liebsten jedes Spiel gewinnen.“