Pia Kästner: Frohnatur & Strippenzieherin
(Foto: Flo Treiber) Mit der EuroVolley 2023 in Düsseldorf (17. bis 24. August) wartet ein absolutes Highlight auf die deutsche Frauen-Nationalmannschaft. Erstmals seit zehn Jahren findet eine EM wieder im eigenen Land statt. Wir stellen alle Spielerinnen in einer kleinen Serie vor. Den Auftakt macht Zuspielerin Pia Kästner.Wochenlang tingelten die DVV-Frauen für die Volleyball Nations League (VNL) um den Globus. Bevor das Team am 1. August in die EM-Vorbereitung startete, gab Bundestrainer Vital Heynen seiner Mannschaft zweieinhalb Wochen frei, um sich von den Strapazen zu erholen und neue Energie für die Heim-EM zu sammeln. Pia Kästner verbrachte einen Großteil dieser Zeit im Urlaub in Abu Dhabi. „Ich wollte schon immer mal dorthin. Es war zwar recht warm, aber cool“, sagt die 25-Jährige, die eher einen ruhigeren Urlaub bevorzugt: „80 Prozent entspannen, 20 Prozent etwas unternehmen – das ist meine gute Mischung.“ Auch in den Tag startet Pia Kästner gelassen: „Ich bin ein Morgenmuffel, eine halbe Stunde muss man mir schon geben.“ Glücklicherweise geht es ihrer Zimmerpartnerin Hanna Orthmann ähnlich – die ersten 30 Minuten nachdem der Wecker geklingelt hat, herrscht noch Stille im Raum.
Anschließend verschwindet der Morgenmuffel jedoch recht schnell. Pia Kästner ist eine Frohnatur. Sie geht stets mit einem Lächeln und großem Optimismus durchs Leben. Wäre sie ein Tier, wäre sie ein Elefant. „Zum einen sind sie super schlau“, sagt die Nationalspielerin. Andererseits habe sie schon immer eine Bindung zu Elefanten: „Ich mochte schon immer die Story von Dumbo und ich hatte früher extreme Segelohren.“ Was man sonst noch über die 25-Jährige wissen sollte? „Ich gewinne immer beim Kartenspielen“, unterstreicht sie mit Nachdruck.
In der Nationalmannschaft ist sie mittlerweile eine feste Größe. „Ich genieße es, dass ich viel spiele“, sagt die deutsche Meisterin von 2019. Der Verantwortung, die ihre zentrale Position mit sich bringt, ist sie sich bewusst. „Ich mache mit Sicherheit nicht alles richtig, aber ich versuche immer, mit dem Herzen dabei zu sein und die Leute zu pushen, damit wir das Beste aus uns rausholen.“
Dass sie einmal Führungsspielerin in der Nationalmannschaft werden würde, war nie ihr Ziel. „Für mich war das alles immer nur ein Hobby“, erzählt Pia Kästner, die schon mit fünf Jahren zum Volleyball kam. „Ich habe nie gedacht, wenn ich mal groß bin, möchte ich Profivolleyballerin werden.“ Sie habe immer gespielt, weil es ihr Spaß machte und sie neue Herausforderungen mag. In der siebten Klasse kam das Angebot auf die Sportschule in Potsdam oder Cottbus zu gehen – doch Pia Kästner lehnte ab: „Ich fühlte mich zuhause bei meiner Familie wohl und wollte nicht weg.“ Landestrainer Christian Lotsch ließ jedoch nicht locker und besuchte Familie Kästner zwei Jahre später. „Er sagte, wenn du das weiter und höherklassig machen möchtest, muss du jetzt wechseln, zweimal Training die Woche reichen dann nicht mehr“, berichtet Pia Kästner, die sich dachte, „ok, ich probiere es mal aus“. Nach dem Abi stand sie dann vor der Frage: Profi werden oder Hobbyspielerin und studieren? Wieder kam der gleiche Gedanke wie schon Jahre zuvor: „Ich probiere es mal.“
Seitdem hat sich Pia Kästner von einer talentierten Zuspielerin zur Stammspielerin bei den DVV-Frauen und in ihrem Verein SSC Palmberg Schwerin entwickelt. Dabei war sie auch auf ihrer Position eine Spätstarterin. Aufgrund ihrer Größe war sie zunächst Angreiferin, bis die Trainer ihr Zuspieltalent entdeckten. Erst mit dem Wechsel nach Berlin auf die Sportschule wurde sie feste Zuspielerin – im Nachhinein die „100 Prozent richtige Entscheidung“. „Ich liebe es, an jeder Aktion beteiligt zu sein und mit meinen Mitspielerinnen viel zu kommuniziere. Dieser extreme Kontakt zu allen macht mir am meisten Spaß“, sagt Pia Kästner.
Die Stimmung im Team sei aktuell sehr gut. „Wir sind super zusammengewachsen und halten zusammen“, erzählt die 101-fache Nationalspielerin. Wenn man einen schlechten Tag habe oder es einem nicht so gut geht, springe sofort jemand ein. Jeder habe seine Rolle im Team gefunden. „Jeder kann so sein, wie er ist, man muss sich nicht verstellen“, sagt Pia Kästner, die sich auf die EM im eigenen Land freut. „In Deutschland spielen ist immer cool, ich hoffe, dass viele Fans kommen und uns pushen.“ Unter Druck setzten lässt sie sich dadurch nicht: „Wir wollen das Gefühl und die Emotionen aufsaugen und es genießen.“ Was am Ende für ein Platzierung herausspringt, werde sich zeigen.