Unsere Olympioniken: Ruben Schott – der Mann mit den vielen Ticks
Foto: Flo Treiber Für die deutsche Männer-Nationalmannschaft steht das absolute Saisonhighlight an: Die Olympischen Spiele. 13 Spieler kämpfen in Paris um Edelmetall für Deutschland. Wir stellen jeden einzelnen in unserer Serie „Unsere Olympioniken“ vor, zeigen ihren Weg nach Paris und blicken hinter die Volleyballer-Fassade. Weiter geht es mit Ruben Schott.Als kleiner Junge war Ruben Schott noch mit Schläger und Puk auf dem Eis zu finden, doch dann kam ein neuer Trainer und er verlor den Spaß am Eishockey. Im elterlichen Garten hatte er schon das ein oder andere Mal mit einem Volleyball gespielt, schließlich gewann sein Vater mit den DDR-Junioren EM-Bronze. Auch seinen Bruder hatte er in die Halle begleitet – und so landete Ruben Schott ebenfalls beim Volleyball. „Es war von Anfang an eine große Liebe“, sagt der 30-Jährige heute.
Seine ersten Angriffe schmetterte er beim SV Preußen, später kam er über den Berliner TSC, den SSC Berlin und den VCO Berlin zu den BR Volleys, wohin es ihn nach Stationen in Italien und Polen 2021 zurückzog. Der Berliner Jung ist wieder da, wo er sich am wohlsten fühlt – in seiner Heimat. Und von dort aus ging es nun nach Paris zu den Olympischen Spielen. „Ich bin unfassbar stolz, ich sehe es als großes Privileg an, denn es gibt so viele Athleten, denen dieser Traum verwehrt bleibt“, ist der Außenangreifer dankbar für diese Möglichkeit.
Er weiß, wovon er spricht, denn 2020 verpasste er die Olympia-Qualifikation mit den DVV-Männern haarscharf. „Das war eine emotionale Achterbahnfahrt, denn wir haben ein sehr gutes Turnier gespielt und dann hat dieses klare 0:3 gegen Frankreich im Finale echt wehgetan“, berichtet Schott. Wenn er das Turnier von damals mit dem im vergangenen Jahr vergleiche, habe er sich damals sogar höhere Chancen ausgerechnet. Schließlich hatten sie die eigenen Fans in der Max-Schmeling-Halle im Rücken und waren aufgrund des Zeitpunkts mitten während der Klubsaison alle gut in Form.
Ganz anders waren die Zeichen im vergangenen Oktober. Die DVV-Männer hatten eine enttäuschende Volleyball Nations League gespielt und waren sang und klanglos im EM-Achtelfinale ausgeschieden. Keiner hatte sie bei dem alles entscheidenden Turnier in Rio de Janeiro auf dem Zettel. Und dann schlugen sie nach und nach die Top-Teams um Weltmeister Italien und Brasilien und buchten am Ende ungeschlagen das Ticket nach Paris.
Auch für Schott kam der Triumph unerwartet: „Das löst nochmal ganz andere Emotionen aus und schweißt eine Mannschaft zusammen, wir haben jetzt ein richtig geiles Teamgefüge“, sagt Schott. Der 30-Jährige hat trotz der vielen Auf- und Abs der letzten Jahre immer an sein Team geglaubt: „Ich wusste immer, was wir können, dass wir unglaublich viel Potenzial haben.“ Sie hätten immer wieder phasenweise richtig guten Volleyball gespielt, aber die Konstanz habe gefehlt. Daher war auch die Erfahrung in Rio etwas Neues für Schott.
Für den Berliner sind die Olympischen Spiele auch „eine Belohnung“. Er weiß aber auch: „Die Erwartungshaltung ist jetzt natürlich auch wieder ein bisschen gewachsen – nicht nur von außen, sondern auch bei uns selbst, weil wir wissen, wie gut wir spielen können und dass wir die großen Nationen auch in so einem Turnier schlagen können, auch wenn es nicht einfach wird.“ Die anderen Teams würden sie nun auch nicht mehr unterschätzen.
Am meisten freut sich Schott in Paris auf das Olympische Dorf und die anderen Athleten. „Ich möchte das alles aufsaugen“, sagt er. Gerne würde er sich auch mal andere Sportarten anschauen, zum Beispiel Leichtathletik, Basketball, Handball oder Wassersport wie Kajak.
Er selbst verbringt seine Freizeit gerne mit Freunden oder beim Gamen. An freien Tagen genießt er es auszuschlafen, entspannt zu frühstücken und dabei eine Serie zu schauen. Wenn seine amerikanische Freundin Elisabeth Sandbothe zu Besuch ist, stöbern sie zusammen auf Flohmärkte oder in Second Hand Shops und kochen gemeinsam – am liebsten Biscuits and Gravy. Ein Gericht, das Schott durch seine Freundin lieben gelernt hat. Kartoffeln werden im AirFryer kross zubereitet, dazu brät man Frühstückswurst und ein Spiegelei an, macht eine eigne Soße – die Gravy – und serviert es mit Brötchen – den Biscuits.
Aber nicht nur das amerikanische Essen hat Schott lieben gelernt, sondern auch das Land. „Vorher konnte ich mit den USA nicht so viel anfangen, ich hatte immer das Gefühl, die Amis sind oberflächlich“, erzählt der Berliner. Aber seit er seine Freundin in Missouri öfter besucht hat, hat sich diese Ansicht geändert: „Alle sind super nett, aufgeschlossen und interessiert.“ Bisher führten die beiden eine Fernbeziehung, aufgrund des Visums konnte Elisabetz Sandbothe nur für drei Monate am Stück in Deutschland bleiben. „Das war nicht immer einfach, aber wir haben das Beste draus gemacht, ich bin super glücklich“, sagt Schott. Ab der kommenden Saison sieht er seine Freundin auch wieder deutlich öfter, denn dann schlägt die Mittelblockerin wieder für Erfurt in der Bundesliga auf.
Erstmal begleitet sie Schott aber nach Paris, um ihn bei seinen ersten Olympischen Spielen anzufeuern. Der 30-Jährige beschreibt sich selbst als „eher zurückhaltend, loyal, treu und fleißig – zumindest wenn es um Volleyball geht“. Wenn ein Freund Hilfe braucht, ist er sofort zur Stelle. „Und ich habe lieber wenig gute Freunde, als viele oberflächliche“, sagt Schott. Wer ihn länger beobachtet, stellt vielleicht fest, dass er den ein oder anderen Tick hat. „Jedes mal, wenn ich einen schlechten Gedanken im Kopf habe, muss ich dreimal gegen meinen Kopf klopfen“, berichtet er. Wenn er auf die Uhr schaut, hat er ebenfalls bestimmte Rituale, so darf er sich zum Beispiel bei 11:11 Uhr etwas wünschen.
Ganz speziell wird es beim Schuhe ausziehen nach dem Training: „Erst nehme ich die Einlagen raus, dann muss ich an der Lasche ziehen: einmal am rechten, zweimal am linken und dann nochmal am rechten – und das ganze zweimal.“ Anschließend gehören die Schuhe an die Wand gestellt. „Da habe ich bei der Olympia-Quali mit angefangen“, erzählt Schott. Und was einmal Glück bringt, sollte man natürlich nicht ändern, also hält er auch in Paris an diesem Ritual fest. Hoffentlich bringt es dort einen ähnlichen Erfolg wie im Oktober in Rio de Janeiro.