DVV-Frauen „BEI DER WM IN JAPAN“: Der Kapitän hält den Laden zusammen – Angelina Grün erlebt bereits ihre dritte WM!

Auch für jeden Spaß zu haben: Angelina Grün als "alte Socke" im Hotel in Osaka.

Sie ist die Powerfrau und „Punktmaschine“ im deutschen Team, sie ist die Spielführerin (seit 2003). Ohne sie geht nicht viel, auf und neben dem Feld. Angelina „Grüni“ Grün (26 Jahre, Bergamo/ITA) erlebt nach 1998 und 2002 bereits ihre dritten Weltmeisterschaften.

Dass Grün im Leistungssport landet, war klar: Papa Valerij war russischer Junioren-Nationalspieler im Volleyball, Mama Galina war im Basketball auf dem Sprung in die Nationalmannschaft (dann musste sie sich für den Sport oder die Liebe entscheiden). „Ich bin in der Halle groß geworden, und habe erst Basketball gespielt“, erinnert sich die in Duschanbe/Tadschikistan geborene Grün. Dort lebte sie in ihren ersten 2,5 Jahren, ehe sie über Unna und Köln nach Essen kam.
„Glücklicherweise“ brach sie sich beim Spiel auf die Körbe den Arm und wandte sich dann mehr dem Volleyballsport zu, den sie parallel betrieb (sie trat dem VC Essen-Borbeck bei, war zudem bei den Basketballerinnen von ETB Schwarz-Weiß Essen). „Dann habe ich mich irgendwann für Volleyball entschieden, weil es mir in dem Moment mehr Spaß gemacht hat.“ Vielleicht auch, weil Papa Valerij das Training übernahm und ihr den „falschen“ Stemmschritt beibrachte. „Er wollte, dass ich alles spielen kann, also universal einsetzbar bin. Er hat mir kürzlich gesagt, dass ich auch mit links Schlagen hätte lernen sollen“, lacht „Grüni“ und ergänzt: „In Essen hatten wir teilweise vier Spielerinnen, die ,falsch’ gestemmt haben.“

Nachdem sie mit Essen bei den Deutschen Jugendmeisterschaften Platz drei als bestes Ergebnis erzielte und als 14-Jährige in der Regionalliga mitspielte, folgte im Jahr darauf ein wichtiger Schritt in der Karriere der 26-Jährigen: Sie wechselte zum USC Münster, „wo ich zunächst in der zweiten Mannschaft (2. Liga) spielte, aber bei der Ersten mittrainiert habe und ab und zu auch mitgefahren bin.“ Zu der Zeit war der USC eine Macht und hatte Spielerinnen wie Ulrike Schmidt, Christina Schultz oder Nancy Celis im Kader. „Beim Training hat man versucht, nicht negativ aufzufallen, es gab eine klare Hierarchie“, meint Grün rückblickend. In dem Jahr erreichte der USC Münster II sensationell das finale Pokalturnier und stand den etablierten Teams USC Münster I, Fischbek und Schwerin im Finalturnier gegenüber. Natürlich belegte die Zweitliga-Truppe den vierten Platz, aber es war das erste mal, dass Grün um einen Titel mitspielte. Das sollte in den nächsten Jahren zur Gewohnheit werden: Mit Münster gewann sie ein mal die Deutsche Meisterschaft und zwei mal den DVV-Pokal, zudem spielte sie sich aufgrund ihrer starken Leistungen im Verein in den Fokus von Bundestrainer Siegfried Köhler. Der berief sie im Januar 1997 zum traditionellen Bremer Turnier das erste Mal in den Kader, im Sommer war Grün wieder bei den Juniorinnen, wo sie an der Seite von Judith Flemig, Kerstin Tzscherlich oder Anja-Nadin Pietrek den siebten Platz bei der Juniorinnen-WM in Polen belegte. Ab 1998 war sie fester Bestandteil der Frauen-Nationalmannschaft und schaffte als 18-Jährige den Sprung in den Zwölferkader der WM in Japan. Dort avancierte die schlagkräftige Außenangreiferin zur einzigen deutschen Gewinnerin (neben Libero Kerstin Tzscherlich) in einer in sich zusammenfallenden deutschen Mannschaft, die nach einem 2:3 gegen die Dominikanische Republik nach der Vorrunde schon die Koffer packen musste. Grün war für die angeschlagene Celis in den Stamm gerutscht und hatte ihre Sache unbekümmert erledigt.

Hee Wan Lee folgte als Bundestrainer, und die Rolle Grüns änderte sich: In der neuen und jüngeren Mannschaft (Sylvia Roll war der große Routinier) hatte Grün mehr Verantwortung, die sie mit knallharten Schlägen umzusetzen wusste. Die EM 1999 in Italien beendeten die DVV-Frauen auf dem sensationellen vierten Platz, „und ich bekam diverse Anfragen von italienischen Vereinen. Doch das war mir zu früh“, meint Grün. Es folgte zunächst das „Wunder von Bremen“ (2000), als den deutschen Spielerinnen die Olympia-Qualifikation glückte und Grün mit ihrer Power, ihren Angriffen und den stets folgenden Freudenhüpfern für Begeisterung sorgte. Ihre ersten Olympischen Spiele folgten, vier Jahre später die zweiten. Zuvor gab es das nächste „Wunder“, dieses Mal in Baku mit der erneuten Olympia-Qualifikation. Grün kann das grandiose Auftreten alle vier Jahre selbst nicht richtig erklären: „Es ist schon eigenartig. Wenn wir wüssten, was der Schlüssel zum Erfolg ist, würden wir das immer machen. Der Wunsch, bei Olympischen Spielen dabei zu sein, ist so groß, dass uns das noch einen Kick gibt.“ Einen Kick gab Grün auch der bisher größte Erfolg mit der Frauen-Nationalmannschaft, als 2003 bei der EM in der Türkei die Bronzemedaille gewonnen wurde. „Das war etwas ganz Besonderes, ich wollte immer irgendwann aufs Treppchen“, und schiebt hinterher: „Es ist noch Platz nach oben, aber es ist natürlich unheimlich schwer. Am ehesten ist dies sicherlich auf europäischer Ebene möglich, aber wenn man auf dem Feld steht, ist der Traum immer da, ganz oben auf dem Podest zu stehen und deine Hymne zu hören.“

Dies wird bei der WM 2006 in Japan nicht der Fall sein, nach einer grandiosen Vorrunde wurden die DVV-Frauen knallhart auf den Boden der Tatsachen katapultiert: „Wir hatten einen Bombenstart in die WM, das erste Spiel und der Sieg gegen die Dominikanische Republik waren wie eine Befreiung. Durch die zwei Tage Pause haben wir unseren Rhythmus verloren und zudem vielleicht zu weit gedacht. Die Träume, die man insgeheim hatte, schienen wahr zu werden, aber leider sind wir in den entscheidenden Momenten nicht cool geblieben“, so Grün mit einem Zwischenfazit vor der Finalrunde.

Grün selbst ist wie immer Punktegarantin in der deutschen Mannschaft und „Leader“ auf dem Feld. Sie feuert an, ermuntert, beruhigt und übernimmt Verantwortung: So auch im Spiel gegen die USA, als sie im vierten Satz den Matchball bekam und am Block scheiterte: „Am Morgen danach habe ich noch gespielt, als ich aufgewacht bin“, schildert sie enttäuscht die Szene. Wahrscheinlich wäre vieles anders gelaufen, wenn Käpt´n Grün nicht ausgerechnet in der Zwischenrunde gesundheitlich stark angeschlagen war und ihren Teamkolleginnen nicht wie gewohnt zur Seite stehen konnte. „Das hat mich natürlich ungemein geärgert, dass ich in dieser Phase nicht so viel Energie hatte wie sonst“, erklärt sie. Bundestrainer Giovanni Guidetti ist froh, eine Spielerin wie Grün im Team zu haben und lobt sie in den höchsten Tönen: „Wenn jemand erklären muss, was ein Kapitän ist, muss ich ihren Namen nennen. Sie ist eine großartige Person, ein großartiger Profi und eine großartige Volleyballerin. Aber das wichtigste ist: Sie ist immer Kapitän, auf und neben dem Feld. Es ist auch ihr Verdienst, dass dieses Team einen solchen Spirit und diese gute Chemie hat. Sie ist eine echte Leaderin, ohne, dass sie sich in den Vordergrund drängt.“

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Foto FIVB: Alarmstufe 1 beim Gegner: Angelina Grün beim Angriff.

Nach der WM wird Grün nach Italien zu ihrem Verein Bergamo zurückkehren. Seit der Saison 2000/01 schmettert sie in der besten Liga der Welt und hat in dieser Zeit einen Titel nach dem anderen gewonnen. Zuerst mit Modena (Pokalsieg und CEV-Pokal), dann mit Bergamo (2x Meister, Champions League, CEV-Pokal, Pokal). Kein Wunder, dass sie sich in Bergamo wohl fühlt: „Das Paket in Bergamo stimmt: Das Niveau des Teams ist das Maximum, das Umfeld ist toll, das Finanzielle stimmt und auch Stefan ist nicht so weit weg.“ Stefan heißt mit Nachnamen Hübner und bildet mit Grün seit 2001 ein privates Dream-Team. 180 Kilometer liegen zwischen den beiden Italien-Profis (Bergamo – Trento), die seit 2005 eine gemeinsame Wohnung in Köln haben, „dort aber sehr selten zusammen sind“, bedauert Grün. „Trotzdem war es unser Wunsch, einen Ort zu haben, wo wir unsere Ruhe haben. Und im Hotel wollten wir nicht wohnen, das machen wir eh schon das ganze Jahr.“

Jahre lang stellt sich Grün nun schon Sommer für Sommer in den Dienst der Nationalmannschaft, doch wie lange tut sie das noch? „Die Olympischen Spiele 2008 sind das große Ziel, danach gibt es das große Fragezeichen. Ich freue mich schon auf einen freien Sommer, und der wird nach 2008 kommen“, kündigt die frühere Hobby-Malerin an.

Die Nationalmannschaft ohne die Power-Frau Grün? Unvorstellbar! Auch für Margareta Kozuch, die bei der WM das Zimmer mit der Spielführerin teilt: „Sie ist vernünftig, aber mit ihr kann man auch Pferde stehlen. Wir lachen sehr viel. Sie ist für die Mannschaft und für mich eine Stütze. Man bekommt immer Hilfe von ihr.“

Und Frauen-Kenner, Physiotherapeut Patrick „Pecke“ Rißler, ergänzt: „Sie ist der Käpt´n. Das ist sie wirklich, auf und neben dem Feld. Jederzeit ansprechbar, ein ruhender Pol, sie hat alles im Griff.“

Angelina Grün im Portrait

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