Olympiasieger: Manager Klaus Kärcher: „Brink/Reckermann sind das Gesicht im Beach-Volleyball“
Nach dem sensationellen Olympiasieg von Julius Brink/Jonas Reckermann kommt viel Arbeit auf einen Mann zu: Klaus Kärcher (53 Jahre), seit der Teamgründung im Jahr 2008 Manager der „golden boys“, soll nun mit seiner Agentur Vitesse Kärcher GmbH gemeinsam mit Andreas Scheuerpflug den Gold-Triumph auch versilbern. Kärcher ist einer der bekanntesten Sportvermarkter Deutschlands, u.a. waren/sind Anni Friesinger, Fabian Hambüchen und Nils Schumann bei ihm unter Vertrag. Erfahrung in der Vermarktung der Beach-Volleyballer hat er reichlich, 1996 hatte er bereits Beate Bühler/Danja Müsch unter Vertrag, danach weitere Top-Beacher. Im Interview erzählt Kärcher, was der Erfolg für Brink/Reckermann bedeutet, wie er seine Arbeit verändert, was er vom Verband erwartet.
Auch Ihnen herzlichen Glückwunsch für die Erfolge: Sie sind – was London 2012 angeht – einer der erfolgreichsten Manager des Landes. Welche Sportler aus ihrem „Stall“ haben Edel-Metall gewonnen?
Kärcher (lacht): „2x Gold mit den Beach-Jungs und Silber mit Fabian Hambüchen im Turnen. Dazu berate ich den Deutschland-Achter (Gold, Rudern) und Britta Heidemann (Silber, Fechten) – ich habe aber keinen Vertrag mit ihnen und will mich deshalb nicht mit diesen Lorbeeren schmücken.“
Was ist nach dem Olympiasieg von Brink/Reckermann passiert? Beschreiben Sie mal, wie so ein Sensations-Coup auch ihre Arbeit verändert?
Kärcher: „Meine Frau, die zehn Jahre 1. Liga in Stuttgart, u.a. mit Renate Riek, Volleyball gespielt hat, meinte vorher: Wenn jemand Gold als Überraschungs-Team holt, dann sind es unsere Beach-Volleyballer. Ich war etwas vorsichtiger wegen der Verletzungen im Vorfeld und wusste nicht, ob sie 100% fit sind zum richtigen Zeitpunkt. Es war eine riesige Sensation. Mir war klar, was danach passiert, es war nicht das erste Mal für unsere Agentur. So ähnlich lief es bei Nils Schumann, der in Sydney die 800 Meter gewann. Wobei das im Beach-Volleyball, es ist die kleinste Nationalmannschaft, doch noch eine andere Qualität hat. Vor Ort war alles gut organisiert über den DOSB und Raimund Wenning (Beach-Koordinator des DVV und Teilmannschaftsleister in London, Anm. d. Red.). Wir sind gut vorbereitet und versuchen, den Jungs und den Journalisten gerecht zu werden. Das ist natürlich sehr anstrengend für alle. Wir können nicht jeder Anfrage gerecht werden, wir haben über 80 Anfragen vorliegen. Darum machen wir auch vorab das Pressegespräch in Timmendorfer Strand, weil wir uns bei der DM auf den Sport konzentrieren wollen. Eines hat sich auf jeden Fall gravierend geändert: Sie sind Olympiasieger in einer Sportart, in der es noch kein Europäer geschafft hat, ein absoluter Überraschungseffekt. Und Olympiasieger ist man ein Leben lang, Weltmeister nur zwei Jahre lang. Wenn der Olympiasieg gut betreut wird, dann ist der während der aktiven Zeit, aber auch danach in der Zwei-Karriere noch viel wert.“
Die eine Frage ist, ob Brink/Reckermann das schaffen, aber können Sie das mit ihrer Agentur auch alles stemmen oder müssen Sie bei den Erfolgen nicht expandieren? Wie viele Mitarbeiter haben Sie und wer kümmert sich um was?
Kärcher: „Wir sind eine Agentur mit fünf Personen, wobei sich zur Zeit drei Personen zu 100% um Brink/Reckermann kümmern. Aber das ist natürlich auch nur eine Momentaufnahme mit Timmendorfer Strand und kurz danach. Danach wird alles wieder normaler werden. Wir werden aber nichts dem Zufall überlassen, sondern wollen jetzt schon nachhaltig an der Zukunft arbeiten. Melanie Reh hat die Gesamtkoordination für Medienanfragen übernommen, Andreas Scheuerpflug betreut zwei Partner und alles in Timmendorfer Strand und ich koordiniere alles. Dazu muss man natürlich sagen, dass Fabian Hambüchen mit Silber auch super abgeschnitten hat und von Jochen Habermaier betreut wird. Die Athleten erwarten auch vom Umfeld 100%igen Einsatz, d.h. für uns, 24 Stunden da zu sein und Probleme zu lösen, wenn welche anfallen.“
Wenig erfolgreiche Fußballer verdienen Millionen, gibt es Grenzen für die Beiden oder steht ihnen jetzt vermarktungstechnisch alles offen?
Kärcher: „Das Entscheidende ist, dass sie so bleiben wie sie sind. Sie müssen authentisch bleiben. Wenn ein wenig begabter Fußballer zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist und das Tor macht, kriegt er einen Millionenvertrag. Wir gönnen dem Fußball jeden Euro, aber insgesamt ist es schade, dass der Fußball den restlichen Sport so dominiert. Obwohl es in der Vermarktung beim Fußball keine Alleinstellungsmerkmale gibt bei 30 Bundesligisten. Das ist die große Chance für Sportarten wie Beach-Volleyball, um qualitativ dort Akzente zu setzen. Die Basis für den Vermarktungserfolg in diesen Sportarten ist natürlich der sportliche Erfolg, den haben wir jetzt mit Brink/Reckermann.“
Das olympische Beach-Volleyball Finale sahen in der Spitze über neun Millionen TV-Zuschauer. Wie wichtig war der Sieg für die Sportart, wie wichtig für Brink/Reckermann?
Kärcher: „Immens wichtig. Für Brink/Reckermann – mehr kann man nicht erreichen. Das ist der Traum eines jeden Sportlers und dabei denkt er nicht ans finanzielle. Er hat den Sport ja nicht begonnen, weil er denkt, damit kann er später Millionen verdienen. Beach-Volleyball ist international – im Vergleich mit Turnen oder Fechten - sehr professionell aufgestellt, es gibt eine Tour mit Preisgeldern, das ist eine gute Ausgangsposition. Auch für deutsche Verhältnisse ist Beach-Volleyball hervorragend präsentiert: wir liegen nicht am Mittelmeer, haben kühle Sommer und viel Regen – dafür ist das gut aufgebaut.“
Foto DVV: Klaus Kärcher im Gespräch mit Papa Reckermann.
Stichwort TV-Werbung: Wann sieht man Brink/Reckermann das erste Mal für ein Produkt im Fernsehen werben?
Kärcher: „In dem Moment, wenn die Unternehmen merken, welche große Chance sie damit haben. Da sind wir natürlich dran, aber ich will jetzt natürlich nicht zu viel verraten.“
Wofür stehen die Beiden bzw. für welche Produktwerbung wären Sie geeignet?
Kärcher: „Für alles Junge, Moderne, Frische. Die Sportart alleine steht für eine positive Grundstimmung: Sonne, Meer, gute Laune. Getränkemarken bis zu Tourismusthemen, aber auch alles, was frisch, jung, lifestylig belegt ist, passt zu Beach-Volleyball und Brink/Reckermann. Dazu kommt noch, dass diese Sportart in freier Natur betrieben wird, Faktoren wie Wind, Wasser, Sonne spielen eine große Rolle – da ist das große Thema Nachhaltigkeit im Energiebereich. Das ist eine große Chance, in diesem Bereich zu werben. Jede Sportart braucht Gesichter, und diese haben wir erstmals mit Brink/Reckermann. Früher war es so, dass mal dieses Team, dann ein anderes Team Erfolge hatte. Julius und Jonas sind Weltmeister, Europameister Olympiasieger – über Jahre hinweg haben sie Top-Leistungen gebracht, sie sind das (!) Gesicht im deutschen Beach-Volleyball.“
Wie viele Partner „verträgt“ das zahlenmäßig kleinste Olympiasieger-Team des Landes überhaupt?
Kärcher: „Das ist eine gute Frage. Ich bin immer nach dem Grundsatz verfahren: Drei Hauptpartner, dann einige Supplier. Viel mehr sollten es nicht sein, denn jeder Partner will Zeit und Termine haben. Und die Sportler investieren die Hauptzeit in die sportliche Leistung. Da muss man eine gute Balance finden. Es ist wichtig, sich eher qualitativ besser aufzustellen als quantitativ.“
Am 18. August waren die Olympiasieger im Aktuellen Sportstudio des ZDF, am 21. August bei Lanz! Welche PR-Termine stehen in diesem Jahr noch an?
Kärcher: „Dazu kommt noch Raabs TV Total am 29. August, das Fußball-Spiel für die Laureus-Aktion im September ist auf der Kippe. Dann kommt die Hochzeit von Julius, der Nachwuchs bei Jonas und Urlaub. Wir wollten einen guten Mix haben: mit dem Sportstudio hatten wir die renommierteste Sportsendung des Landes, mit Lanz eine wichtige Talksendung und mit Raab decken wir das junge Publikum ab.“
Sie haben ein glückliches Händchen bei den Sportlern und Sportlerinnen. Zahlreiche Medaillen, echte Typen wie Fabian Hambüchen (Turnen), Anni Friesinger (Eisschnelllauf), Nils Schumann (Leichtathletik), Anna Fenninger (Alpin-Ski) oder Julius Brink/Jonas Reckermann, um nur Einige zu nennen. Suchen Sie sich die Sportler oder kommen diese auf Sie zu?
Kärcher: „Normalerweise kommen die Athleten auf uns zu, das läuft über Mundpropaganda der Athleten. Viele müssen wir leider ablehnen, weil wir eine kleine Agentur sind, die 24 Stunden für die Athleten da ist. Man muss etwas gerne machen, um etwas gut zu machen. Wir wollen nicht größer werden. Darum mussten wir in letzter Zeit, einige ablehnen.“
Foto DVV: Macht er auch gerne: Klaus Kärcher herzt Brink-Freundin Verena.
Welche Kriterien sind für Sie bei der Auswahl wichtig?
Kärcher: „Wichtig ist die Persönlichkeit, es sollten Typen sein. Wenn möglich, sollte man relativ früh zusammen arbeiten, um nachhaltig eine Struktur aufzubauen. Auch mit dem Risiko, dass das Talent sich evt. für etwas anderes entscheidet. Wenn einer schon einmal Olympiasieger ist und dann zu mir kommt und die Millionen erwartet, das funktioniert nicht und lehne ich auch ab. Ich gehe aber auch auf jemanden zu, wenn ich jemanden sehe. Einer dieser Fälle war z.B. Anni Fenninger/AUT (WM-Gold in Super-Kombination 2011).“
Welche Bereiche decken Sie für Brink/Reckermann ab?
Kärcher: „Im Prinzip alles außer Sport. Medien, Akquise/Marketing, Social Media und Terminkoordination. In den sportlichen Bereich mischen wir uns nicht ein, aber natürlich haben wir auch dort ein hervorragendes Netzwerk. D.h. wenn der Wunsch käme, könnten wir da auch helfen. Die Basis, der sportliche Erfolg, ist Aufgabe der Athleten, und ich möchte weder Jonas noch Julius sagen, wie sie zu trainieren haben. Genauso wollen wir auch nicht, dass die Athleten und Trainer sich in unsere Arbeit einmischen, auch wenn die Kommunikation natürlich vorhanden ist. Letztlich müssen alle Rädchen ineinander greifen, damit sich das große Gesamtrad dreht.“
Die Deutschen Meisterschaften in Timmendorfer Strand stehen vor der Tür. Haben Sie nicht Bedenken, dass der Hype um die Beiden zu viel wird?
Kärcher: „Die Bedenken habe ich nicht, es gibt nichts Schöneres, dass ein Hype da ist. Man muss ihn nur so lenken und leiten, dass er für die Jungs erträglich ist, dass sie sich auf den Sport konzentrieren können. Es ist eine wunderschöne Geschichte: Olympiasieg, dann die Deutschen Meisterschaften im Mekka des deutschen Beach-Volleyballs. Man kann allen Fans, die seit 20 Jahren nach Timmendorfer Strand kommen, etwas zurück geben. Das sehen Julius und Jonas auch so. Auch wenn es schwierig wird, zu gewinnen. Zum einen, weil die Konkurrenz so stark ist, zum anderen, weil das alles ganz schön viel Kraft gekostet hat.“
Was erwarten Sie vom Verband? Wie kann der DVV diesen einmaligen Erfolg für sich und die Sportart nutzen?
Kärcher: „Das ist eine schwierig, aber natürlich sehr interessante Aufgabe. Eine größere Vorlage, wie sie jetzt Brink/Reckermann dem Verband gegeben haben, geht nicht. Das Wichtigste ist, dass alle Beteiligten jetzt schnell zusammen kommen und neue bzw. zusätzliche Ideen – wie gesagt, Beach-Volleyball ist grundsätzlich gut aufgestellt – entwickeln und nichts dem Zufall überlassen. Und dies darf nicht zur Belastung der Athleten passieren, aber so, dass der Verband neue Impulse setzen kann. Management/Verband/Beach-Vermarkter müssen sich zusammen setzen –wir stehen gerne für Gespräche bereit. Und bei dieser Gelegenheit muss man auch dem Verband danken, der den weisen Entschluss getroffen hat, den Beach-Volleyballern die Eigenverantwortung zu überlassen. Das war eine richtige und gute Entscheidung und ist nicht selbstverständlich, das haben andere Verbände nicht gemacht. Durch diese Freiheit hat der Verband viel gegeben, und nur durch diese Situation konnten Brink/Reckermann flexibel und gut reagieren und diese Erfolge landen."