European Games: DVV-Männer schreiben Geschichte – 3:1 gegen Bulgarien

Jubel beim deutschen Team über die Goldmedaille bei den erstmalig durchgeführten European Games.

Bundestrainer Vital Heynen in beeindruckender Manier 3:1 (25-16, 25-18, 29-31, 25-21) gegen Bulgarien und landete damit knapp neun Monate nach WM-Bronze in Polen den nächsten Medaillen-Coup. Auch nach zwei vergebenen Matchbällen im dritten Satz blieb die DVV-Auswahl ruhig und holte im Anschluss den nötigen Satz. Punktbeste Spieler waren Christian Fromm (21) und Jochen Schöps (16). Russland gewann nach einem 3:1 gegen Polen die Bronzemedaille. Stimmen folgen nach der Siegerehrung!

Finale in der Crystal Hall! Die DVV-Männer wollten ihr tolles Turnier mit einem krönenden Ende versehen, warnten aber eindringlich vor den Bulgaren, die sich im Turnierverlauf mächtig gesteigert hatten und von ihrem Staatspräsidenten Rosen Plevneliev in der Halle Unterstützung erhielten: „So leicht wie in der Vorrunde wird es definitiv nicht!“, sagte Kapitän Jochen Schöps und gab damit die einhellige Meinung wieder.
Doch damit lag das deutsche Team zunächst völlig falsch! Die DVV-Auswahl dominierte die Begegnung von Beginn an, wirkte hoch konzentriert, machte mit dem Aufschlag viel Druck und erzielte damit Wirkung: Immer wieder boten sich Punktchancen, weil die Bulgaren nur hoch über die Außenpositionen spielen konnten. Dort packte die starke Block-Abwehr um Libero Ferdinand Tille zu, die Punktchancen wurden konsequent verwertet. Die Zuschauer, die sich ein spannendes Spiel erhofft hatten, wurden zunächst enttäuscht. Im dritten Satz änderte sich das Bild, die Bulgaren spielten nun im Auschlag alles oder nichts und hatten damit Erfolg. Nach Abwehr von zwei Matchbällen nutzten sie ihren fünften Satzball zum Anschluss. Die deutschen Spieler blieben trotz de unnötigen und bitteren Satzverlustes ihrer Linie ruhig und setzten wieder auf druckvolleres Aufschlagspiel. Mit Erfolg: Mitte des Satzes erspielte sich das Team den entscheidenden Vorsprung, danach gab es kein Halten mehr. Ausgelassen bejubelten sie in ihren goldenen Trikots die Goldmedaille, knapp neun Monate nach WM-Bronze in Polen ein erneuter grandioser Erfolg.

Startformation GER: Lukas Kampa, Jochen Schöps, Michael Andrei, Marcus Böhme, Christian Fromm, Denis Kaliberda, Ferdinand Tille
Startformation BUL: Georgi Bratoev, Jani Jeliazkov, Todor Aleksiev, Valentin Bratoev, Nikolay Nikolov, Svetoslav Gotsev, Martin Bozhilov


Foto eventolive.it: Die deutsche Mannschaft hatte die Bulgaren in drei von vier Sätzen hervorragend im Griff.

Die deutschen Aufschläge hatten ein Ziel: Valentin Bratoev. Der wirkte auch nicht sicher, Böhme verwertete die zweite Punktchance nach einem starken Fromm-Aufschlag (5-3). Und das deutsche Team machte weiter, ein Böhme-Aufschlag brachte das 7-4, Bratoev konnte nicht parieren. Die Annahme der Bulgaren „wackelte“ weiter bedenklich, auch Kapitän Aleksiev strahlte bei zwei Kampa-Aufschlägen nicht wirklich Sicherheit aus (10-5). Auch in der Folge dominierte die deutsche Mannschaft den Gegner, der in Annahme und Block-Abwehr in diesem ersten Satz deutlich unterlegen war (15-8). Spätestens nach einem Doppelblock gegen den bulgarischen Diagonalangreifer war der erste Satz gelaufen (20-12), Fromm steuerte den letzten Punkt im klaren ersten Satz bei.


Foto eventolive.it: Wieder einmal bärenstark im Angriff: Christian Fromm.

Das deutsche Team wirkte auch zu Beginn des zweiten Satzes souveräner, fokussierter und aggressiver. Böhmes Aufschlag zeigte wieder Wirkung, Kaliberda punktete per Block und Angriff (7-4). Kampa verteilte gewohnt variabel, seine Angreifer dankten es ihm mit positiven Abschlüssen (13-9). Vor allem Kaliberda zeigte sich in glänzender Verfassung, machte keine Fehler und punktete überlebt im Angriff (16-11). Nach einem Ass von Kampa war erneut Mitte des Satzes die Vor-Entscheidung gefallen (18-12), routiniert spulte der WM-Dritte sein Programm ab, punktete konstant aus der stabilen Annahme. Beim 24-17 gab es Satzbäll en masse, beim zweiten profitierte die deutsche Mannschaft von einem bulgarischen Aufschlagfehler.


Foto eventolive.it: Der deutsche Block stand über das gesamte Spiel hin gut.

Fromm setzte gleich zu Beginn ein Ausrufezeichen: Der 2,04 Meter holte einen verloren geglaubten Ball spektakulär aus der hintersten Ecke, Schöps blockte anschließend die Punktchance der Bulgaren (2-2). Die hatten die klare Devise, volles Risiko im Aufschlag zu gehen und drückten mächtig drauf. Doch das konnte auch Fromm, und das deutsche Team lag zur ersten technischen Auszeit bereits wieder auf Siegkurs. Der Block mit Kaliberda/Böhme hatte zweimal gegen Aleksiev zugepackt (8-5). Dann gelang den Bulgaren aber der Konter, weil zwei Aufschläge des neuen Diagonalangreifers Chernokozhev zu zwei direkten Punkten führten (10-10). Die Führung blieb aber in deutscher Hand, weil es fehlerfreier agierter und immer wieder auf Fromm setzten konnte (14-12). Die Bulgaren kämpften verbissen um ihre letzte Chance in diesem Finale und glichen nochmals aus (18-18). Aber Schöps schlug zurück, sein Aufschlag brachte wieder die Zwei-Punkte-Führung, nur noch fünf Zähler bis zum Gold (20-18). Dann aber doch die erste Führung für Bulgarien, Schöps wurde geblockt (21-22). Die deutschen Fans waren sofort da, die Führung auch, weil Kaliberda clever im Angriff agierte (23-22). Dann Match- und Goldball Deutschland (24-23), die Bulgaren wehrten ab und holten sich selber einen Satzball (24-25) und legten nach, weil Andrei beim Block das Netz berührt hatte (25-26) und der eingewechselte Sebastian Kühner den Aufschlag verzog (26-27). Auch den vierten Satzball wehrte Fromm nervenstark ab, der deutsche Block holte dann Matchball Nummer zwei (29-28). Am Ende waren es aber doch die Bulgaren, die mit zwei Blocks gegen Böhme und Kaliberda den Satzanschluss schafften.


Foto eventolive.it: Jubel bei den deutschen Fans über den Sieg.

Mit Tim Broshog (für Andrei) begann Satz vier. Schöps und Böhme blockten ihr Team jeweils per Einerblock zum 4-2. Aber die Bulgaren waren nun viel besser in der Partie, agierten sicherer aus der Annahme und griffen auch immer wieder in der Block-Abwehr zu (8-8). Die Aufschläge von Broshog sorgten wieder für nötigen Druck, anschließend punktete der WM-Dritte zweimal aus der Abwehr. Fromm und der immer stärker werdende Schöps machten das 13-10. Ein „Monsterblock“ von Kaliberda/Böhme machte daraus ein 16-12, ein weiterer gegen den bulgarischen Diagonalangreifer das 18-13. Das deutsche Team war jetzt nicht mehr aufzuhalten auf dem Weg zur Goldmedaille. Jeder Punkt wurde bejubelt, auf dem Feld und auf der Tribüne. Schöps machte das 23-18 und das 24-20. Der Matchball war Fromm vorbehalten, danach nur noch Jubel, Trubel, Heiterkeit und Laola mit den deutschen Fans.

Stimmen zum Spiel
Vital Heynen: „Das Wichtigste bei diesem Turnier in Baku war, dass unsere Spieler lernen, immer gewinnen zu können. Wir haben letztes Jahr nach 44 Jahren die erste Medaille bei einer WM gewonnen, und es gibt zwei Möglichkeiten: entweder dauert es wieder 40 Jahre oder man setzt diesen Prozess fort und holt wieder eine Medaille. Bei den European Games waren wir Favorit, aber du musst erst einmal Gold holen, darum ist das ein Bestätigen des Prozesses meiner Mannschaft. Mit einer Goldmedaille zu einer Abschlussfeier einzulaufen, das macht man nicht so oft. Ich hoffe, dass wir das noch irgendwann mal schaffen.
Die WM-Bronze war viel wichtiger das war ein Durchbruch, Gold in Baku war eine Bestätigung. Christian Fromm und Jochen Schöps haben bei der WM nicht so viel gespielt, die waren hier sehr wichtig. Das heißt, wir haben eine große Gruppe an Spielern, die Medaillen holen können. Das muss Spielern und Trainer Mut geben, das große Ziel Olympia zu erreichen. Im dritten Satz haben wir zu viele Aufschlag- und Netzfehler gemacht, wir haben am Ende den Kopf verloren. Als wir im vierten Satz die vier Punkte vorne waren, war es vorbei.“

Christian Fromm: „Erleichtert zu 100%, zufrieden nicht ganz. Ich bin super happy und stolz, dass wir das Ding durchgezogen und verdient Gold gewonnen haben. Die Bulgaren haben nie aufgegeben, wir haben nicht mehr so clever gespielt, wir hatten es noch nicht im Kopf abgehakt. Vielleicht sind wir etwas müde geworden, aber im vierten Satz haben wir uns gleich wieder reingekämpft, das war der Schlüssel. Wir wollten Gold, wir haben alles investiert, alle inklusive Staff haben einen super Job gemacht.“

Denis Kaliberda: „Persönlich bin ich sehr zufrieden, dass ich jetzt meiner Mannschaft helfen konnte. Es ist schön für den deutschen Volleyball, wenn man die Klappe aufmacht und bestätigt wird. Wir haben verdient gewonnen. Man muss das auch einschätzen können: Wir waren hier die beste Mannschaft und haben gewonnen. Bei der EM wird es nicht das Gleiche sein, aber mit ein bisschen Glück schaffen wir noch eine Medaille. Ich bin relativ tot, mir reicht ein Bier, dann schlafe ich ein.“

Jochen Schöps: „Ein geiles Gefühl, dieses fette Ding um den Hals hängen zu haben. Es ist noch schöner, wenn man im Vorfeld sagt, man will die Goldmedaille gewinnen und man es wirklich schafft. Wir haben ein sehr gutes, stabiles Turnier gespielt. Dennoch haben wir immer noch Platz nach oben in vielen Elementen. Jetzt heißt es feiern und genießen, urlauben und dann bei der EM versuchen, wieder ein gutes Ergebnis zu erzielen. Die Bulgaren haben im dritten Satz super gespielt, wir haben zu viele Fehler gemacht und einfache Situationen nicht gut gelöst. Ich persönlich habe in den ersten drei Sätzen etwas glücklos agiert, im vierten Satz habe ich zum Glück etwas helfen können. Die ersten beiden Sätze waren zu leicht für uns, wichtig war, dass wir uns am Anfang des vierten Satzes wieder gefangen zu haben. Man muss sehen, wie sich die European Games in Zukunft präsentieren. Wir haben uns für diesen Sommer mit den European Games und der EM zwei Höhepunkte ausgesucht, von der Besetzung war das hier nicht das Optimum, nichtsdestotrotz haben wir es geschafft, in zwei Wochen acht gute Spiele gemacht zu haben. Darauf kann man schon stolz sein, vor allem bei Russen, Bulgaren und Franzosen, die hier waren, ist das etwas wert.“

Statistik
GER: Aufschläge: 5 Asse, 15 Fehler / Angriff: 54% / Block: 12
BUL: Aufschläge: 4 Asse, 22 Fehler / Angriff: 48% / Block: 11

Spielfilm
1. Satz: 3-3, 7-4, 10-5, 14-8, 20-12, 23-15 (Zimmermann für Andrei), 23-16 (Andrei zurück), 24-16 (Steinke für Kampa)
2. Satz: 3-3, 7-4, 11-8, 16-11, 20-15 (Zimmermann für Andrei), 20-16 (Andrei zurück), 23-17
3. Satz: 3-3, 7-4, 10-10, 15-13 (Zimmermann für Böhme), 15-14 (Böhme zurück), 18-16, 20-18, 21-22, 22-22 (Steinke für Kampa), 23-23 (Kampa zurück), 24-23, 24-25, 25-26, 26-26 (Kühner für Andrei), 26-27, 27-28, 29-28, 29-30
4. Satz: 4-2, 7-7, 13-10, 16-12, 17-13 (Zimmermann für Böhme), 18-14 (Böhme zurück), 21-17, 23-18, 24-20 (Steinke für Kampa), 24-21 (Kampa zurück)


Finalspiele
26.06.: Spiel um Platz 3: POL – RUS 1:3 & FINALE: GER – BUL 3:1

Der Kader der DVV-Männer in Baku: Matthias Pompe (SWD powervolleys Düren), Sebastian Kühner (BR Volleys), Jan Zimmermann (TG Rüsselsheim), Falko Steinke (SVG Lüneburg), Tom Strohbach (TV Rottenburg), Michael Andrei (Antwerpen/BEL), Marcus Böhme (Fenerbahce Istanbul/TUR), Tim Broshog, Björn Höhne (Maaseik/BEL), Christian Fromm, Denis Kaliberda (Perugia/ITA), Lukas Kampa (Radom/POL), Jochen Schöps (Rzeszow/POL), Ferdinand Tille (TSV Herrsching)

Alle Infos zu den European Games in Baku

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